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Praeneandertal-Hypothese
Bis in die 50er Jahre dominierte überwiegend die Präsapiens-Hypothese die wissenschaftliche Diskussion.
Während bei Heberer der Schwerpunkt seiner Ergebnisse auf die Frage nach dem Entstehungspunkt der Hominiden focussiert war, ging Rensch näher auf das Verhältnis von Homo sapiens und Neandertaler ein.
In seinen Untersuchungen zu den Hominiden wird hervorgehoben, dass sich die Lehrmeinung, dass die Unterscheidung Mensch/Affe mit der Entwicklung bzw. Kapazität des Gehirns zusammenhängt durch einen neuen Aspekt ersetzt worden ist.
Nach der vergangenen Vorstellung sollte die allmähliche Hirnvergrößerung als „primärer Faktor“ zum aufrechten Gang und sukzessiven Abschwächung tierischer Merkmale geführt haben. Aus den Untersuchungen an Australopithecinen folgerte er jedoch, dass der Aufrechte Gang selbst den Antriebsfaktor bildete.
Seiner Ansicht nach ist zwischen Homo sapiens und Neandertaler kein verwandtschaft-licher Zusammenhang.
Beide Gruppen hätten wie er meinte separate Vorläufer; für den Homo sapiens „Praesapiens“ und für Neandertaler „Praeneandertaler“ (Abbildung 11).
Der Stammbaum sollte die Beziehungen von fossilen Menschen und Vormenschen veranschaulichen. Die gestrichelte Linie kennzeichnet die Grenze von Tertiär und Pleistozän. Die eben genannten Vorläufer von Homo sapiens und Neandertaler sind durch Abkürzungen dargestellt, z.B. „Sw.“ für Praesapiens von Swanscombe oder „Eh.“ für Praeneandertaler von Ehringsdorf. Rensch ging davon aus, dass es auf verschiedenen Punkten der Welt unterschiedliche Entwicklungsstufen des heutigen Menschen gab.
Aus der individuellen Variabilität der fossilen Vorstufen folgerte er, dass eine spontane Mutation für den Menschen vorgelegen haben muss. Der schon von Darwin beschriebene Vorgang der natürlichen Auslese soll auch beim Menschwerdungsprozeß eine entscheidene Rolle gespielt haben.
Es bestanden mehrere Entwicklungslinien nebeneinander, von denen die fortgeschrit-teneren sich durchsetzten und die anderen ausstarben.
Die in der Gegenwart vorliegende Menschenrasse bezeichnete Rensch als „die letzte (und bis auf künftige Rassenmischungen) abgeschlossene Phase der normalen Evolution…“.
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