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Die Stammbaumentwicklung im Ãœberblick
Vorklassische Theorien
An der Schwelle zum 20. Jahrhundert versuchte Hermann Klaatsch zu beweisen, dass es sich bei der Gattung Homo um „kein Endprodukt der Primatenevolution [handelt], sondern um die Urform dieses Typus“.
Aufgrund des begrenzten Fundmaterials gelangte diese These, die durch Klaatsch´s Feststellung der Primitivmerkmale des Menschen gestützt werden sollte, zunächst zu kaum Anerkennung.
Etwa zehn Jahre später veröffentlichte Klaatsch nach einer Ermittlung von Unterschieden zwischen dem Neandertaler und Menschen von Aurignac neue Ergebnisse (Abbildung 3).
Wie man aus der Zeichnung erkennt gibt es ein Zentrum, das den Ausgangspunkt darstellt. Die sog. »Propithecanthropi« sollten sich nach Klaatsch in eine Ost- und eine Westgruppe getrennt haben.
Nach der Trennung haben beide Gruppen jeweils unterschiedliche Menschenaffen und –typen hervorgebracht. „Die Menschenaffen hätten durch ihr «Opfer» den Aufstieg der Restpopulationen zum Vollmenschen ermöglicht. Im Klaatschenschen Sinne sind also nicht die Hominiden, sondern die Menschenaffen bigenistisch entstanden …“.
In seiner Monographie von 1922 findet sich ebenfalls eine interessante Passage zur Rol-
le des Neandertalers im Menschwerdungsprozeß. Klaatsch differenzierte in diesem Zusammenhang zwischen Neandertalmensch und Neandertalaffe.
Nach den damals vorliegenden Ergebnissen des Heidelberger Fundes war er sich nicht einig darüber, ob neben dem Neandertalaffen, der als Vorläufer des Neandertalmenschen angesehen werden könnte, noch ein Seitenzweig derselben Gruppe (Neanderaffe) existierte.
Klaatsch lieferte ein Abstammungsschema, dass versuchte die Verbreitung von Men-schenaffen dazustellen.
Eine graphisch andere Darstellung mit Zeitangabe lieferte Arthur Keith, der zwischen 1912 und 1923 eine eigene Pongidentheorie erläuterte. Irgendwann in der Mitte des Eozän muss es, seinen Ergebnissen zufolge, zu einer Umorganisation des Bewegungs-apparates gekommen sein. Alle »Hom« hätten dann die sog. orthograde Haltung erworben.
„Die für die „Großmenschenaffen“ charakteristische Spezialisation des Fußes könne erst nach Abspalten der bezüglich dieses Merkmals noch primitiven Hylobatiden erfolgt sein“. Am Fuß der Pongiden ließe sich laut Keith eine morphologische und phylogenetische Vorstufe im Vergleich mit den Hominiden erkennen. Daraus wiederum könnte vermutet werden, dass die Hominidenahnen keine »pongidentypischen« Füße hatten.
Außergewöhnlich an den Untersuchungen von Keath ist seine zu Hilfenahme mehrerer Organkomplexe. Laut Bergner handelt es sich um eine Schematisierung, die für „die Ermittlung des realen Ahnenverhältnisses geeignet [ist]“.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die vorklassische Phase mit dem Mangel an Fossilmaterial zu kämpfen hatte. Deshalb mussten für die Abstammungstheorien vorwiegend Vergleiche mit rezenten Formen vorgenommen werden.
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